Übertragung von Urlaubsansprüchen bei längerer Arbeitsunfähigkeit
In einem aktuellen Entscheidung des BAG vom 09.08.2011 9 AZR 425/10 hatte ein Arbeitnehmer jährlich 30 Tage Urlaub. Er war im Zeitraum vom 11. Januar 2005 bis zum 6. Juni 2008 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Nach der Aufnahme der Arbeit am 7. Juni 2008 gewährte der Arbeitgeber im weiteren Verlauf des Jahres 2008 an 30 Arbeitstagen Urlaub. Der Arbeitnehmer begehrte die gerichtliche Feststellung, dass ihm noch ein aus den Jahren 2005 bis 2007 resultierender Anspruch auf 90 Arbeitstage Urlaub zustehe.
Nach dem BUrlG (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen, d.h. verbraucht werden. Aus der gesetzlichen Regelung folgt, dass Urlaubsansprüche grundsätzlich am Jahresende zum 31.12. verfallen.
Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nach dem BUrlG (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG) nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.
Ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Übertragungsgrund ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund von Arbeitsunfähigkeit an der Urlaubsnahme gehindert ist.
Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen d.h. verbraucht werden (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG). Aus der gesetzlichen Regelung folgt dass, sofern keine abweichenden einzel- oder tarifvertraglichen Regelungen bestehen, Urlaubsansprüche spätestens am 31.3. des Folgejahres verfallen.
Nach der gesetzlichen Regelung könnten die Urlaubsansprüche aus den Jahren 2005-2007 also spätestens am 31.3. des Folgejahres verfallen sein, da der Arbeitnehmer durchgehend arbeitsunfähig erkrankt war und erst wieder am 7. Juni 2008, also nach Ablauf des Übertragungszeitraumes, gesund wurde.
Aufgrund der Rechtsprechung des BAG vom 04.05.2010 9 AZR 183/09 ist die gesetzliche Regelung des BUrlG (vgl.§ 7 Abs. 3 BUrlG) jedoch europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass der gesetzliche Mindesturlaub und, sofern keine abweichenden einzel- oder tarifvertraglichen Regelungen bestehen, Zusatzurlaub bei einem längerfristig arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmern nicht verfällt.
Mit dieser Entscheidung bestätigte das BAG seine neuere Rechtsprechung Urt. v. 24.3.2009 – 9 AZR 983/07, die sich an der vorausgegangenen Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH zum Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubs (EuGH, Urt. v. 20.1.2009 – Rs. C-350 u. 520/06, EuGH v. 20.1.2009 – Rs. C-350/06, Rs. C-520/06) orientierte.
Die Frage ob Urlaubsansprüche bei längerfristig arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmern für mehrere Jahre uneingeschränkt angesammelt werden können ist jedoch bislang noch ungeklärt.
Die Tendenz der Rechtsprechung geht jedoch dahin, dass eine Übertragungsfrist von 18 Monaten ausreichend ist, danach könnten angesammelte Urlaubsansprüche erlöschen. Eine Entscheidung diesbezüglich steht jedoch noch aus und ist erst in einigen Monaten zu erwarten bis dahin besteht Unsicherheit wie lange Urlaubsansprüche angesammelt werden können.
Das BAG konnte die Entscheidung dieser Frage im vorliegenden Fall offen lassen, denn wird wie im vorliegenden Fall ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer im Kalenderjahr so rechtzeitig gesund, dass er – wie hier – in der verbleibenden Zeit seinen Urlaub nehmen kann, erlischt der aus früheren Zeiträumen stammende Urlaubsanspruch. Der Arbeitnehmer hätte hier seinen Urlaub daher noch im Jahr der Wiedergenesung bis zum Ende des Urlaubsjahres 2008 geltend machen müssen. Da er dies nicht getan hat ist der Urlaubsanspruch aus den Jahren 2005 bis 2007 verfallen.
Fazit: Wurde Urlaub krankheitsbedingt übertragen und ist der Arbeitnehmer wieder genesen so ist Eile geboten. Angesammelte Urlaubsansprüche sind, wenn möglich, noch im Jahr der Wiedergenesung geltend zu machen. Ansonsten droht der Verfall der Urlaubsansprüche.
Ich wünsche allen meinen Lesern ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2012.
There is no related post.
