AGG und Kündigunsschutz- Europarechtswidrigkeit des §2 Absatz 4 AGG

October 09, 2008  |   Blog   |     |   0 Comment

§2 Absatz 4 AGG bestimmt, dass für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz gelten sollen. Damit wurden Kündigungen aus dem Diskriminierungsschutz des AGG vollständig ausgeklammert. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig und der darin zum Ausdruck kommende entgegenstehende gesetzgeberische Wille.

Das AGG trat zum 18.08.2006 in Kraft und bereits zwei Monate nach Inkrafttreten am 12.12.2006 hatte der Bundestag einige Änderungen beschlossen. Die Herausnahme von Kündigungen aus dem Diskriminierungsschutz des AGG blieb jedoch unverändert. Durch die unveränderte Beibehaltung dieser Regelungen untermauerte der Gesetzgeber die von ihm gewollte vollständige Herausnahme von Kündigungen aus dem Anwendungsbereich des AGG.

Nach der europäischen Richtlinie 2000/78/EG soll der Diskriminierungsschutz jedoch auch für Kündigungen gelten. EU Richtlinien bedürfen der Umsetzung in nationales Recht. Der deutsche Gesetzgeber wollte mit dem Erlass des AGG u.a. die europäische Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG in nationales Recht umsetzen. Die Umsetzung des Diskriminierungsschutzes ist damit unvollständig und europarechtswidrig.

Im Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass §2 Absatz 4 AGG in der jetzigen Form europarechtswidrig ist. Welche juristischen Folgen dies genau hat ist fachlich umstritten.

  1. Das ArbG Osnabrück (Grundurteil vom 5.2.2007 Az: 3 CA 778/06), wendet §2 Absatz 4 AGG wegen des Verstoßes gegen nicht mehr an mit der Folge, dass Kündigungen nun doch auf Diskriminierungsverstöße anhand des AGG zu überprüfen sind. In einer Parallelentscheidungen hierzu Az: 3 Ca 737/06 sowie Urteil vom 29.01.2007 Az: 3 Ca 728/06) wurde demnach eine diskriminierende Kündigung wegen Verstoßes gegen das AGG gemäß §134 BGB i.V.m. §7 I AGG für unwirksam erklärt.
  2. Gegen die Entscheidungen des ArbG Osnabrück vom 5.2.2007 Az: 3 Ca 737/06 sowie vom 29.01.2007 Az: 3 Ca 728/06 wurde Berufung eingelegt. Das LAG Niedersachsen (Urteil vom 13.07.07 Az: 16 Sa 269/07 sowie Urteil vom 09.11. 2007 Az: 16 SA 311/07) hat die Entscheidung des Arbeitsrechts Osnabrück wieder aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das LAG Niedersachsen geht jedoch anders als das ArbG Osnabrück nicht von der Unanwendbarkeit, sondern von einer richtlinienkonformen Auslegung des Kündigungsschutzgesetzes i.V.m. §2 Absatz 4 AGG aus.

Fazit: Es bleibt abzuwarten wie das Bundesarbeitsgericht diese noch offene Frage entscheidet. Die Revision wurde zugelassen, das Verfahren ist beim BAG anhängig unter Az: 2 AZR 709/07 jedoch noch nicht terminiert.

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